Der Kirschgarten – Eine Komödie in vier Akten
Tschechow, Anton
Der Kirschgarten war wie ein Familienmitglied für Ljubov Andrejevna, die nach fünf Jahren Lotterleben in Paris wieder zu ihren Töchtern und ihrem Bruder Gajev nach Russland zurückkehren muss, pleite und desillusioniert. Aber blind für die Realität. Der Kaufmann Lopachin rät, den Garten abzuholzen und das Land für Sommerhäuser zu verpachten, um so die Schulden tilgen zu können. Doch die Ranevskaja und Gajev sind unfähig zu handeln, geben sich weiter stoisch dem Müßiggang hin, während das Gut versteigert wird. Die Familie muss das Haus verlassen, die Arbeiter beginnen, den Kirschgarten zu fällen und nur Firs, der alte Diener, wird vergessen und bleibt einsam zurück, um sich schließlich ans Sterben zu machen.
Die verschiedene Figuren des Stücks symbolisieren Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, doch neben dem sinnbildlichen Verfall einer Epoche zeichnet Tschechow mit genauem Blick und seziermesserscharfem Humor auf subtile Art die fiesesten Charaktere, die sich gegenseitig in nichts nachstehen. Ob es die Dienerschaft ist, sie der Dauerohnmacht nahe und sich zum Arbeiten zu schade, wie er, Zigarre rauchend und Champagner schlürfend, oder der benachbarte Grundbesitzer, der sich selbst mit einem Pferd vergleicht und immer wieder durchs Bild galoppiert, die wehklagenden Töchter, zwischen Hochzeitswunsch und Klostersuche, oder die zaubertrickreiche Gouvernante, Lopachin, der das Gut ersteigert und seine Familie damit zu rächen sucht… Eine wirre Ansammlung skurriler Individuen, über die man sich kaputtlachen möchte, wenn es manchmal nicht so bitter wäre.
Die Übersetzer bleiben dicht am Original und geben doch mit ihrem Sprachrhythmus den Dialogen Tschechows einen ungewohnt neuen Klang. Die Metaphern und Bilder wurden muttersprachlich hinterfragt und in dieser Fassung versteht man plötzlich, warum Tschechow viele seiner Werke als Komödien titulierte. Eine geschliffene, pointierte und flotte Neuübersetzung.