Was macht ein Theaterverlag
Die Theaterverlage in Deutschland spielen eine wesentliche, unverzichtbare Rolle als Vermittler zwischen Urhebern – Autoren, Komponisten, Übersetzern usw.- einerseits, und Produzenten – Theatern, Medien – andererseits. Dabei sind sie in vielen Bereichen tätig, in denen die Theater selbst nicht aktiv werden können.
Die Theaterverlage beobachten und sondieren den umfangreichen deutschsprachigen wie den gesamten internationalen Markt für Bühnenwerke – eine Aufgabe, mit der jede Theaterdramaturgie schon rein personell und zeitlich vollkommen überfordert wäre. Sie filtern die bei ihnen eingehenden oder von ihnen angeforderten Werke durch ein sachgemäßes Lektorat und garantieren dabei eine erhebliche Qualitätskontrolle – eine Tatsache, die mich bei direkt von Autoren zugesandten Werken prinzipiell veranlasst, die Urheber an die Verlage zu verweisen und ohne Verlagsvertretung grds. kein Stück zur Aufführung zu bringen. Oft fördern die Verlage neue Autoren oder Komponisten und betreuen diese ebenso wie arrivierte Urheber häufig von der ersten Stückidee bis zur Uraufführung und darüber hinaus zur weiteren Verwertung der Werke. Dank ihrer Kenntnis der Theaterlandschaft bewerben sie die von ihnen vertretenen Werke gezielt bei Intendanten und Dramaturgen. Eine Aufgabe, die der einzelne Autor niemals mit gleichem Erfolg wahrnehmen könnte. Dabei werden die Theaterverlage unternehmerisch tätig, gehen für den Ankauf von Rechten erhebliche Risiken ein, die ebenso kein Theater jemals nur annähernd auf sich nehmen könnte oder dürfte.
Als Agenten stehen die Theaterverlage in ganz erheblichem Maße zwischen Bühnen und ausländischen Rechteinhabern, verhandeln dabei auf dem internationalen Markt in den unterschiedlichsten Rechtssystemen und Sprachen, beauftragen Übersetzer wie Bearbeiter und schaffen so erst verläßliche Grundlagen, mit denen die Theater die Aufführungsrechte für fremdsprachige Werke erwerben und abrechnen können. Wie wichtig und entlastend dies für die Bühnen ist, lässt sich am besten an den Fällen ermessen, in denen ausnahmsweise einmal kein Theaterverlag vermittelnd tätig wird: Bei Kompilationsshows bspw. – Theateraufführungen, in denen Werke von verschiedenen Urhebern verwoben werden und die nicht von einem Theaterverlag oder einer Verwertungsgesellschaft wie der GEMA vertreten werden.
Hier sind die Theater als Produzenten zur Erlangung des Aufführungsrechtes gezwungen, jeden einzelnen Urheber oder Erben bzw. deren Rechtsvertreter ausfindig zu machen und die Lizenzierung bis ins Detail zu verhandeln, ohne dabei die Rechtssicherheit zu haben, die sich aus den tariflichen Vereinbarungen zwischen Deutschem Bühnenverein und Verlegerverband ergeben. Auch größere Theater haben spätestens dann umfangreiche Probleme, innerhalb ihrer Mitarbeiterschaft das sowohl juristische wie dramaturgische Knowhow zusammenzustellen, das zum rechtlich einwandfreien und wirtschaftlich sinnvollen Erwerb der Aufführungsrechte unabdingbar ist.
Ich kann aus nahezu 40-jähriger Erfahrung als Dramaturg und Intendant wie als Übersetzer und Autor bestätigen, dass die in Deutschland tätigen Theaterverlage für die Arbeit der Bühnen unverzichtbar sind. Sie stehen am Beginn der Produktion eines Bühnenwerkes und haben einen außerhalb der Branche vielleicht unterschätzten, im Kern aber entscheidenden Anteil am Wesen einer lebendigen und blühenden Theaterlandschaft.
20. Juni 2020
Manfred Langner, Intendant